Erbrecht und Pflichtteil Teil 2

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Testament-Erbschaft

Erbrecht und Pflichtteil Teil 2: Was muss ich als Erbe beachten, wenn ein Pflichtteil geltend gemacht wird

Der Pflichtteil ist eine Mindestbeteiligung am Erbe. Er kann allerdings nur von bestimmten Angehörigen unter bestimmten Umständen des Erblassers eingefordert werden. Diese müssen pflichtteilsberechtigt sein und einen gültigen Pflichtteilsanspruch haben. Dabei bestimmt der Pflichtteilsanspruch, wer unter allen pflichtteilsberechtigten Verwandten einen „Vorrang“ hat. Der Pflichtteilsanspruch kann jedoch auch entfallen – beispielsweise wenn ein Pflichtteilsverzicht vereinbart wurde. Der Pflichtteilsanspruch verjährt innerhalb von drei Jahren von dem Schluss des Jahres an gerechnet, in dem man davon erfahren hat, dass der Erbfall bei dem nahen Angehörigen eingetreten ist und dass man durch ein Testament oder Erbvertrag enterbt wurde.

Eine Person ohne gültigen Pflichtteilsanspruch kann keine Ansprüche auf den Nachlass erheben – sie geht also in Bezug auf das Erbe und die Mindestbeteiligung durch den Pflichtteil leer aus. Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit eine Person ein Recht auf den Pflichtteil hat, lesen Sie im Folgenden.

Erbrecht – Wer kann einen Pflichtteil von mir verlangen?

Erben mag ein Geschenk sein. Es ist aber auch mit vielen Aufgaben und Verpflichtungen verbunden. Ist man nicht Alleinerbe, sondern Teil einer Erbengemeinschaft, ist bereits die Auseinandersetzung mit den Miterben oft nervenaufreibend. Die Auseinandersetzung mit Pflichtteilsansprüchen stellt dann eine regelmäßig ungeliebte, zusätzliche Herausforderung dar.

Pflichtteilsansprüche stehen dem Ehepartner und den Kindern des Erblassers zu. In Ausnahmesituationen auch den Eltern des Erblassers, niemals aber Geschwistern oder Stiefkindern. Weitere Voraussetzung ist, dass diese nahen Angehörigen durch Testament “enterbt“ wurden oder  einen testamentarisch zugewandten Erbteil ausschlagen. Im Letzteren Fall müssen allerdings weitere Voraussetzungen hinzukommen, damit eine Pflichtteilsberechtigung entsteht.

Was ist ein Pflichtteil einer Erbscgaft und wie hoch ist er?

Der Pflichtteil ist die gesetzlich garantierte Mindestbeteiligung am Nachlass.

Da er gesetzlich garantiert ist, kann er auch nicht allein durch den Willen des Erblassers entzogen werden. Eine Ausnahme besteht lediglich dann, wenn man eine schwerwiegende Straftat gegenüber dem Erblasser begangen hat. Nur in diesem Ausnahmefall kann der Pflichtteil wirksam entzogen werden.

Der Pflichtteil besteht in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Die Berechnung des gesetzlichen Erbteils ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt.

Welche Rechte hat ein Pflichtteilsberechtigter?

Der Pflichtteil ist ein Geldanspruch. Das bedeutet, dass der Pflichtteilsberechtigte keinen Anspruch auf einzelne Gegenstände aus dem Nachlass hat, sondern eher ausschließlich eine wertmäßige Beteiligung in Form von Geld erhält. 

Dieser Geldzahlungsanspruch errechnet sich aus der Pflichtteilsquote (gesetzlicher Erbteil : 2) und dem Wert des Nachlasses.

Die Ermittlung des Nachlasswertes ist für den Pflichtteilsberechtigten im Grundsatz ein Problem. Da er im Gegensatz zu den Erben weder einen Zugriff auf Unterlagen und Dokumente des Erblassers hat und deren Herausgabe auch nicht fordern darf, ist er auf die Auskünfte der Erben angewiesen. Das Gesetz gibt dem Pflichtteilsberechtigten hierfür sehr umfangreiche Auskunftsansprüche. Diese Auskunftsansprüche sind auch regelmäßig das Kernstück der Auseinandersetzung zwischen Erben und Pflichtteilsberechtigten.

Neben den Auskünften werden dem Pflichtteilsberechtigten auch flankierende Rechte gegeben. Diese dienen zum einen dem Zweck, die Erben möglichst zu einer wahrheitsgemäßen Auskunft zu verpflichten. Zum anderen dienen sie der Feststellung des Wertes von Nachlassgegenständen.

Erbrecht – Worauf sollte ich als Erbe besonders achten?

Im Kern dreht sich die Auseinandersetzung mit dem Pflichtteilsberechtigten um die Erfüllung der Auskunftsansprüche. Diese verpflichten Sie als Erben – soweit von Ihnen gefordert – zur Aufstellung eines Nachlassverzeichnisses, in dem der Nachlass geordnet dargestellt wird.

Hier sollten Sie als Erbe genau arbeiten, um eine möglichst rasche und konfliktfreie Einigung mit dem Pflichtteilsberechtigten zu finden. Gelingt dies nicht, so wird der Pflichtteilsberechtigte wahrscheinlich auf weitere Rechte zurückgreifen, die dem Nachlass teuer zu stehen kommen können. Insbesondere kann dieser die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses durch einen Notar und/oder die Erstellung von Sachverständigengutachten zu einzelnen Nachlassgegenständen verlangen.

  • Aus wirtschaftlicher Sicht kann es Sinn machen, bei einem Einigungsangebot die Kosten für Sachverständigengutachten und Notare mit zu berücksichtigen.
  • Machen Sie grundsätzlich nur zu den Punkten Angaben, nach denen Sie gefragt werden.
  • Machen Sie keine überhöhten Wertangaben, was insbesondere bei Versicherungsleistungen vorkommen kann. Mitunter ergeben sich hier Besonderheiten je nach Ausgestaltung der Versicherungspolice.
  • Achten Sie darauf, dass auch Nachfragen zum Nachlassverzeichnis nachvollziehbar beantwortet werden. Anderenfalls wird für den Pflichtteilsberechtigten die Einleitung eines Klageverfahrens bei nur geringen Kostenrisiko möglich.
  • Vergessen Sie keine Nachlassverbindlichkeiten, die den Pflichtteilsanspruch schmälern.

Lesen Sie hier Erbrecht und Pflichtteil Teil 1

 

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung: Katharina Winand, Rechtsanwältin,